Privaturkunden und Dokumentationspraxis im langen 10. Jahrhundert (ca. 870-ca. 1030) 

Anlässlich der Publikation des abschliessenden, zwölften Bandes der Edition der St. Galler Urkunden des 9. Jahrhunderts in den Chartae Latinae Antiquiores organisieren das Stiftsarchiv St. Gallen, die Rijksuniversiteit Groningen und die Österreichische Akademie der Wissenschaften eine Tagung in Rom über die Entwicklungen der urkundlichen Dokumentationspraxis im spät- und nachkarolingischen Europa. Thematisch schliesst sie an ein St. Galler Kolloquium des Jahres 2006 an, das sich mit den Privaturkunden der Karolingerzeit beschäftigte. Damals ging es um die Art und Weise, wie die spätrömische Dokumentationspraxis im frühen Mittelalter eine Fortsetzung und eine regional unterschiedliche Umformung fand, und wie das frühmittelalterliche Urkundenwesen unter dem Einfluss der standardisierenden Tendenzen des Karolingerreiches uniformiert und weiter verbreitet wurde.  Nun soll es darum gehen, wie sich das Urkundenwesen in den verschiedenen Teilen des seit den 870er-Jahren deutlich divergierenden Karolingerreiches und in den nachkarolingischen Regna des 10. und 11. Jahrhunderts weiter entwickelte. Als Untersuchungsgegenstand wurden die Privaturkunden deshalb gewählt, weil diese Dokumente nicht nur im Umfeld der Herrscher, sondern in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen und auf verschiedenen sozialen Ebenen geschrieben wurden. Sie bieten deshalb Einblicke in die Art und Weise in der Menschen, die nicht unbedingt zu den politischen Eliten gehörten, ihre Rechtsgeschäfte erledigten.